Susanne Schrammen 2021

 

 

Susanne Schrammen, Cäciliengottesdienst:

Liebe Schwestern und Brüder, insbesondere liebe Chorsänger......
 
Ein Lobpreis für Gott. Man singt zur höheren Ehre Gottes...
Früher hat man diesen Begriff sehr ehrfürchtig verwendet, heute wird er
auch manchmal spöttisch benutzt. Wie auch immer, was ist das eigentlich?
Loben und preisen wir Gott, sind wir ein Loblied?
 
Da reicht es vermutlich nicht, sich an einen Altar zu stellen und zu singen
(auch wenn es ein nettes Bild ist, sich Gott auf einer Wolke, versunken in
der Musik vorzustellen).

Ich glaube, es kommt darauf an, die Menschen zu erreichen, sie zu
berühren und eine Saite in ihnen zum Schwingen zu bringen, die über
reinen Spaß und das reine Schmeicheln der Sinne hinausgeht.
Ich rede nicht davon, dass jeder Hörer Eurer Konzerte ab sofort bekehrt,
gläubig und, wenn es dann dazu gehören muss, ein allsonntäglicher
Kirchgänger sein wird.
Vielmehr wünsche ich mir, dass die Zuhörer Zeit und Gelegenheit haben,
getragen von einer Musik, wie Ihr sie als gemeinsame Leistung
hervorbringt, getragen von dieser Musik zu sich zu kommen und ganz bei
sich zu sein. Dann können sie nämlich auch, wenn sie das möchten, bei
Gott ankommen.
 
So etwas funktioniert nicht auf Knopfdruck und sicher auch nicht immer,
aber immer mal wieder. Es gibt diese Momente, in denen man bei sich und
bei Gott ankommen kann. Und die Musik eines Chores kann ein Weg sein,
diese Momente zu unterstützen und zu halten. Ist das nicht eine sehr
schöne Form von Lobpreis?
 
Als Nicht-Chorsänger habe ich da ein Privileg. Ich kann, wenn Ihr singt,
besonders auch in den Konzerten, mich zurücklehnen und genießen und
ankommen. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als Ihr den Cäciliengruß
über den Petersplatz in Rom geschmettert habt.
 
In dieser gemeinsamen Leistung stecken so viel Herzblut und viel
gemeinsame Arbeit. Ich habe in dem Satz bewusst zweimal das Wort
gemeinsam verwendet, weil ich glaube, dass das den Unterschied macht.
Die Gemeinschaft ist mehr als die Summe ihrer Teile. Das gilt für einen
Chor ganz besonders.
Und hier glaube ich, ist nicht nur der Gesang die „Arbeit“, sondern auch die
Erschaffung und vor allem der Erhalt der Gemeinschaft, die dieser Leistung
hervorbringt.
Beides gehört zusammen und ist nicht ohne das jeweils andere möglich.
 
Jede Gemeinschaft bedarf der Pflege. Man arbeitet zusammen, man feiert
zusammen, man lacht zusammen und man trauert zusammen, man
diskutiert und manchmal streitet man auch mal, man findet Kompromisse
und legt Meinungsverschiedenheiten bei, man lässt Fünfe gerade sein und
konzentriert sich auf das Verbindende, statt das Trennende zu betonen.
All diese Komponenten braucht es in unterschiedlichen Anteilen, um eine
funktionierende Gemeinschaft zu erhalten und weiterzubringen.
 
In einer Zeit, in der man sich nicht persönlich begegnen kann fehlt ganz viel
an diesem Gemeinschaftsleben. Allen voran, der direkte Kontakt.
Es fällt uns allen mehr oder weniger schwer, damit umzugehen. Es fällt
aber umso schwerer, zu beurteilen, wie andere damit umgehen können.
Man sagt ja gerne mal, „man sieht dem Anderen nur bis vor die Stirn“, um
auszudrücken: es ist schwierig, nachzuvollziehen, was er wirklich denkt.
Aktuell müsste man sagen „man sieht dem Anderen nur vor den
Telefonhörer“. Um wieviel schwieriger ist die Einschätzung seiner Gefühle,
wenn man ihn noch nicht mal wirklich sehen kann?
 
Und genau deswegen muss man dieser schwierigen Zeit etwas
entgegensetzen. Das Positive betonen, den festen Zusammenhalt ins Auge
fassen und über alles Kleinliche und Trennende hinwegsehen.  
Besonders achtsam mit Anderen umgehen, weil man nur schwer
einschätzen kann, was sie wirklich empfinden und was vielleicht Fassade
ist um nicht so tief blicken zu lassen.
Voll Zuversicht auf eine Zeit hoffen, in der alles das, was uns jetzt
besonders fehlt, wieder möglich sein wird. Und ganz genau aufpassen,
dass bis dahin nichts auf der Strecke bleibt, was verbindet und was
Gemeinschaft ausmacht.
 
Wir haben einen starken Partner an unserer Seite. Wir haben einen
Bruder, der immer war und immer da sein wird. Wir Christen haben einen
Grund für unsere Zuversicht und unseren Lobpreis. Gott hat uns
Gemeinschaft mit ihm zugesichert.

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